Grubenhausprojekt

Innerhalb der Siedlungsarchäologie des Früh- und Hochmittelalters gelten sogenannte Grubenhäuser aufgrund ihrer namensgebenden Konstruktionsweise zu den am besten nachgewiesenen Gebäudetypen dieser Zeit. Nichtsdestotrotz existiert zur tatsächlichen Funktion und Nutzung dieser Häuser noch immer ein großes Forschungsdefizit. Seit 2015 beschäftigt sich nun das Freilichtlabor Lauresham intensiv mit der Frage nach der Deutung, Funktion, (Re)Konstruktion und Nutzung frühmittelalterlicher Grubenhäuser in Süddeutschland. Neben der klassischen Auswertung siedlungsarchäologischer Befunde widmet sich das Freilichtlabor auch der experimentalarchäologischen (Re)Konstruktion ausgewählter Grubenhausbefunde, um bestimmte Hypothesen zu einzelnen Hausbefunden zu überprüfen und in Versuchsreihen zu erforschen.
Im Mittelpunkt der Experimente steht dabei nicht nur die Dokumentation der Herstellungs-, Nutzungs- und Verfallsprozesse, sondern auch die Erforschung der Nutzungsspektren eingetiefter Häuser. So wurden unter anderem Versuchsreihen zur Lager- und Konservierungsfähigkeit von Lebensmitteln begonnen. Auch soll die volle Bandbreite möglicher Interpretationsspielräume ausgeschöpft werden, indem unterschiedlichste (Re)Konstruktionsansätze desselben Hausbefundes umgesetzt werden. Wichtige Bestandteile des Forschungsprojekts sind zudem Analysen zum tatsächlichen Raumklima der Häuser sowie Experimente zur Werkzeugtechnik und zu den eingesetzten Baumaterialien (Holz, Lehm, Stroh, Reet). Damit sollen aussagekräftige Hypothesen zur Funktionalität dieses speziellen Haustypus gesammelt werden.
Als wichtige Datengrundlage für die (Re)Konstruktionen dienen dabei zwei der größten Siedlungsgrabungen Süddeutschlands, nämlich in Mannheim Vogelstang „Hinter der Nachtweide“ und in Speyer „Vogelgesang“.

2016 wurde zwischen Januar und Oktober ein erster Grubenhausbefund im Rahmen des experimentalarchäologischen Forschungsprojektes in Lauresham konstruiert, im Winterhalbjahr 2017/18 folgte eine weitere (Re)Konstruktion. Im Rahmen eines schulischen Kooperationsprojektes mit der Heinrich-Metzendorf-Schule in Bensheim haben sich Schülerinnen und Schüler einer Klasse der Fachoberschule Bautechnik im Schuljahr 2018/19 dann mit einem der bereits bestehenden (re)konstruierten Grubenhäuser beschäftigt. Dabei wurde das Haus nicht nur zeichnerisch und modellhaft erfasst, sondern es wurden zudem alternativ mögliche (Re)Konstruktionsmöglichkeiten und Nutzungskonzepte für dieses Haus entwickelt. Zuvor waren jedoch noch Fragen zur Höhe, zur Holzkonstruktion oder auch zur Nutzung eines neuen Grubenhauses zu klären, natürlich unter Beibehaltung der durch den Befund vorgegebenen Lage der Pfosten und der jeweiligen Abstände. So wurden schließlich mehrere Varianten vom Bautypus des Grubenhauses entworfen, die teils sehr unterschiedlich konstruiert waren. Aktuell (Stand Frühjahr 2020) erfolgt der Bau eines dritten Grubenhauses auf Grundlage der Ergebnisse des schulischen Kooperationsprojektes. Es soll in diesem Fall einen anderen (Re)Konstruktionsansatz zu dem bereits 2017/18 gebauten Grubenhaus verfolgen und damit verdeutlichen, dass die Interpretations- und Deutungsspielräume bei der (Re)Konstruktion frühmittelalterlicher Gebäude zum Teil sehr groß sein können.

Einen Einblick in das Forschungsprojekt gibt der Clip aus der Reihe „Lauresham digital“:

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